Deluxe, was ist Luxus – zur See? … also in unserer Zeit

Deluxe, was ist Luxus – zur See?

… also in unserer Zeit

 

Kopie aus dem Premierenprospekt der NORMANDIE 1934 der Compagnie Générale Transatlantique
Kopie aus dem Premierenprospekt der NORMANDIE 1934 der Compagnie Générale Transatlantique

Heutzutage werden immer wieder die Kreuzfahrtschiffe allgemein als Luxusliner bezeichnet. Und die Buchungszahlen für diese Reiseform steigen stetig jährlich an.

by Earl of Cruise

first published 05.11.14

Luxus für die Massen?

Es ist allgemeiner usus, dass die Passagierschiffe unserer Tage so bezeichnet werden. Auch wenn es im Duden steht, ein Liner befährt eine bestimmte Route!

  • Übrigens als „Schiff“ bezeichnet man Wassergefährte, welche länger als 30m sind. Darunter sind es „Boote“.

Die Route eines Liners unterliegt einem festen Fahrplan und bestimmten Häfen, welche von einem Schiff regelmäßig angelaufen werden. Dabei werden in diesen Häfen Fracht und Passagiere „gewechselt“. Das wäre also nichts anderes als ein Buslinienverkehr, das was uns die Eisenbahn anbietet oder auch die Airlines.

Ein Kreuzfahrtschiff hingegen besegelt (is sailing) `kreuz und quer´ die Meere, daher auch der Name. Es wurde aus dem Englischen übernommen – to cruise. Und der Name „Kreuzfahrt“ hat mit den Kreuzzügen nichts zu tun, also als man im 11. bis 12.Jhdt. `das Kreuz´ nahm und auf `Kreuzfahrt´ ging.

Auch wenn die Schiffe heute auf einer Kreuzfahrt zumeist in einem bestimmten Seegebiet unterwegs sind, etwa in der Karibik, ist es kein Liner. Auch wenn sie wöchentlich auf einer festen Route segeln. Fracht wird nicht mehr befördert, und Passagiere steigen nur noch in einem Hafen ein und aus – dem port of embarkation.

Ein Kreuzfahrtschiff wäre somit eigentlich ein Tramper. Aber das ist auch nicht.

Das waren Frachtschiffe, welche ohne feste Route einfach in den Häfen „freie“ Fracht aufnahmen und zum Zielort dieser Fracht versegelten. Dort, nach dem entladen, suchte und nahm man andere Fracht auf.

Also müsste es richtiger Weise „Kreuzfahrer“ oder `Neuhochdeutsch´ „cruise vessel“ heißen.

Aber was also ist eigentlich Luxus?

Grundsätzlich alles das was man nicht wirklich zum Leben benötigt!

Das wiederum ist individuell sehr unterschiedlich, und hängt von dem jeweiligen „herkommen“ ab. Also ob man in einer weniger begüterten, begüterten oder sehr begüterten Familie aufgewachsen ist. Die Dinge des täglichen Lebens werden in den jeweiligen Einkommens oder Vermögensschichten unterschiedlich beurteilt und wahrgenommen. Sie unterliegen dort aber auch dem jeweilig vorhandenem Geld, aber auch der Bildung. Und mit steigendem Einkommen steigt der Bedarf nach Luxus in unserer Bedarfsorientierten Gesellschaft.

So war in den 60er Jahren des 20.Jhdts. selbst ein TV Gerät keineswegs ein Standard in den Haushalten. Und erst recht dann zu Beginn der 70er ein Farbfernseher. Heute ist selbst ein high-Tech Flachbildschirm allgemein ein Standardprodukt.

Luxus ist also etwas, das weit über dem normal alltäglich benötigten eines Menschen an Gütern oder Nahrungsmitteln erworben wird.

Wohnungen sind heute, vor allem in den Ballungsräumen, kleiner zugeschnitten. Das liegt wiederum an den Mieten und der Bevölkerungsdichte. Und wer es sich damals leisten konnte und heute kann, bewohnt eine große Wohnung.

Also ist Luxus auch eine Form von „Platz haben“, für sich und seine Familie.

REANULT machte einmal genau damit Werbung für seine Modelreihe ESPACE – „Ist nicht Platz der Wahre Luxus?“

Wie ist das mit den „dienstbaren“ Geistern?

Es gab einmal eine Zeit in der es in begüterten Haushaltungen Diener oder Personal gab. Also Butler, Zofen, und dergleichen. So etwas können sich in unseren Tagen nur noch wirklich gut „betuchte“ Mitmenschen leisten. Allerdings eigentlich schon immer, aber es wurde auch von der Etikette verlangt. Also war man „von Stand“, also adlig oder gehörte dem wohlhabenden Bürgertum oder Großbürgertum an, gehörte Personal zu einer Haushaltsführung einfach dazu.

Der Aspekt des „Dienens“ ist uns in den Zeitläuften nach dem 2.Weltkrieg etwas abhanden gekommen. Man denke nur an die Personalknappheit in der Gastronomie. Aber auch wir „bedienten“ sind nicht mehr in der Lage das „bedient werden“ wirklich zu goutieren – bei all´ den Selbstbedienungsläden (Waren, Gastronomie, etc.) ist das kein Wunder.

Und dann haben wir noch den Faktor Zeit.

Zeit ist in unserer modernen und schnelllebigen Welt tatsächlich zu einem Luxusgut geworden. Unser Leben ist „durchgetaktet“ wie in einem Arbeitsprozess. Selbst unsere Freizeit unterliegt einem Takt. Sei es, um den Arzt aufzusuchen, oder um in ein Fitness Studio zu gehen – wir leben nach Terminen, und sind „verplant“. Es geht sogar soweit, dass wir auf E-Mails, Tweeds, etc. eigentlich sofort antworten müssten. Und reagiert man zu spontan, kann das ins Auge gehen. Und Zeit ist das einzige Gut das nicht vermehrbar ist.

Was ist aber nun also Luxus zur See?

Nachdem man sich den „Luxus“ des „Zeit Habens“ genommen hat, und eine Seereise / Kreuzfahrt machen will, sucht man das passende Schiff.

Gottlob gibt es für fast jeden Geldbeutel und jeden Geschmack das passende Angebot auf den „Hotels zur See“, den modernen Kreuzfahrtschiffen. Längst ist die Kreuzfahrt keine Veranstaltung mehr, die sich nur, oder ausschließlich, an die Begüterten und „Alten“ dieser Welt richtet. Sie ist wie der Urlaub als solchem ein `Lifestyle´ Produkt für alle geworden.

Wir finden fast nur noch Kreuzfahrtschiffe mit weit mehr Passagieren an Bord, als auf der NORMANDIE während ihrer berühmten Südamerika Kreuzfahrt 1938 oder 1939. Sie stieß erstmals in der Geschichte dieser Reiseform an die 1.000 Gäste Marke. Fast 1.400 „dienstbare Geister“ umsorgten damals auf dem luxuriösesten Schiff ihrer, und auch aller Zeit, 972 zahlende Gäste. Die teuersten Suiten (Grand Appartements de Luxe) waren zuerst verkauft (gebucht). Der Rest genoss die wirklich erlesene erste Klasse und einen kleinen Teil der dafür  aufgepeppten zweiter Klasse Kabinen. Ganz zu schweigen, dass alle Gäste die Menues der ersten Klasse speisten. Und die Reisenden hatten auf dem damals größten Schiff der Welt nicht nur die Räume der ersten Klasse zu ihrer Verfügung, sondern auch die Salons der zweiten Klasse – also fast das ganze Schiff. In der dritten Klasse wurde das zusätzliche Personal, wie Reiseleiter, Künstler, etc. untergebracht. Die NORMANDIE wurde durch RAYMOND-WHITCOMB und die CGT „Einklassig“ angeboten.

In den Raum (83.423 BRT) einer NORMANDIE presst man heute gut 2.000 bis 2.500 Menschen bei einfacher Belegung, die von 1.000 Personen umsorgt werden – abzüglich der für die Nautik und Technik zuständigen Crew.

Ist der Luxus zur See also Platz?

Ganz sicher ist Platz, welcher einem Gast an Bord eines Schiffes geboten wird, der größte Luxus. Und je höher das Verhältnis zwischen Passagier und zur Verfügung stehenden Quadratmetern, oder auch gerne der Bruttoraumzahl (BRZ) ist, desto luxuriöser ist das angebotene Schiff. Dabei wird der gesamte Schiffsraum gerne zum Maß genommen, und nicht nur der für den Gast zur Verfügung stehende Raum.

Dabei wird leider gerne vergessen, dass es da auch die „dienstbaren Geister“ an Bord gibt. Also die den Gast an Bord umsorgende Crew (Mannschaft). Hier wird gerne von den Marketingstrategen „gemogelt“. Denn es wird die gesamte Besatzungsstärke in das Verhältnis zum Gast gesetzt. Je nach Schiff können das schon mal bis zu 150 Mannschaften sein. Das ist aber nicht ganz richtig, denn eigentlich sind es die Service-Mitarbeiter, welche den Gast umsorgen. Die technische und nautische Crew sind auch wichtig, um das Schiff sicher über die Meere zu steuern, aber sie sind weniger bis gar nicht mit dem Gast in Kontakt. Vielleicht, wenn getendert (ausgebootet) wird. Und so sollten auch die Luxusschiffe im Markt mindestens genauso viel Mannschaften an Bord haben wie Passagiere auf ihm reisen.

Ist der Luxus zur See das „bedient werden“?

Warum sind dann aber so viele Selbstbedienungsangebote mittlerweile der Standard an Bord von Kreuzfahrtschiffen?

Sollen damit die extra Restaurants gefüllt werden, in denen der Gast à la carte Service mit Bedienung genießt – gegen eine Gebühr und die Getränke extra?

Ist es das Kabinenstewards und -stewardessen jeden Mist ihren Gästen in den Unterkünften an Bord hinterher räumen?

Oder ist „Luxus“ einfach nur noch ein Marketing „Wording“ (hier `Begriff´), um die Gäste an Bord der „Resorts on Sea“ zu bekommen, welche eigentlich nur noch Massenveranstaltungen sind? Wobei sogar Toilettenpapier mit dem Label „Luxus“ versehen wird …

Also sind wirklich luxuriöse Schiffe solche, welche viele Servicemannschaften auf einen Passagier an Bord verteilen.

Und dazu müssen sie noch viel Platz an Bord ihren Gästen bieten können.

Ach und dann ist da noch ds Essen an Bord. Es sollte bei solchen Schiffen wirklich vorzüglich sein!

Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang gerne ein Buch ans Herz legen, welches im Übertragenen auch für die Seereise oder Kreuzfahrt unserer Tage Gültigkeit hat, auch wenn das Thema im Buch die Mode und die „neue“ Industrie dahinter ist.

Aber ist nicht die Kreuzfahrt, wie die Mode ein Lifestyle Produkt?

  • Deluxe – How Luxury Lost Its Luster, Dana Thomas

Ein knallharter und sehr unangenehmer Blick hinter die Kulissen auf die Luxus-Mode-Industrie von heute.

Es gab eine Zeit, in der Luxus nur der dünnen aristokratischen Welt und der des alten Geldes erhältlich war. Luxus war nicht einfach ein Produkt, es war ein Lebensstil, eine Geschichte der Tradition, der hohen Qualität, der Standeszugehörigkeit, und bot ein verwöhnendes Kauferlebnis. Man unterschied sich schon seit Beginn der Zivilisation von anderen Menschen durch Kleidung und Lebensumstände.

Das was wir heute als Luxus bezeichnen begann in Frankreich, zaghaft zur Zeit Henry IV., steigerte sich bei Ludwig XIV. und wurde unter den Bonapartes (Napoleon I. und III.) zu einer Handwerkskunst. Mitte des 19.Jhdts. entstanden Firmen LOUIS VUITTON, Hermès, u.a., die hochwertige Produkte schafften, die auch entsprechend teuer und knapp waren.

Der Luxus-Marktplatz dieser Tage würde heute praktisch unkenntlich für seine Gründer sein. Vorbei sind die Familienunternehmen, die sich um Integrität und Qualität gewidmet hatten; die Industrie wird heute von mehreren Milliarden Dollar schweren globalen Konzernen kontrolliert. Sie konzentrieren sich auf das Wachstum, die Sichtbarkeit, das Markenbewusstsein, die Werbung und vor allem ihre Gewinne. Handgefertigte Waren sind praktisch ausgestorben, und fast alle Fertigungswege sind ausgelagert. Das hat zu großen Fabriken in Ländern wie China, wo die teuren Marken-Handtaschen direkt neben einem Massenmarkt-Label, das wesentlich weniger kosten wird, zusammengesetzt wird.

Dana Thomas, Journalistin, schreibt für die Washington Post, Newsweek und The New York Times Magazine über Stil und das Luxus-Business.

Sie ist für ihre Recherchen in den letzten fünfzehn Jahren von New York, über diverse Orte an denen Luxusfirmen residieren, über Paris bis hin zu den Produktionsstätten in China gereist. Sie gräbt in ihrem Buch tief in die dunkle Seite der Luxus-Industrie, um alle Geheimnisse zu entdecken, welche uns Prada , Gucci, Burberry und Konsorten nicht wissen lassen wollen. Es waren u.a. Reisen zu den Labors in Grasse, wo die Zutaten für Christian Dior und Prada Parfums produziert werden, zu den überfüllten Fabriken in China, in denen die von Tausenden Arbeitern, unter teilweise entsetzlichen Bedingungen, „Made in Italy“ Taschen zusammenkleben, hat Dana Thomas unternommen.

Thomas erforschte auch intensiv die heutigen High-End-Shopping Erfahrung, um einige sich aufdrängenden Fragen zu beantworten: Was ist die neue Definition von Luxus, wenn die Werbung für diese Lebensweise hauptsächlich auf den Massenmarkt ausgerichtet ist? Wie reagieren wir, wenn die Qualität ihren Weg in die Menge gefunden hat, und sind wir bereit dafür zu zahlen? Kann die angesteuerte Integrität in einer Unternehmenskultur überleben, wenn regelmäßiges Wachstum und Gewinnprognosen zu erfüllen sind?

Sind Produkte des Luxus immer noch das Beste, was Geld kaufen kann?  

Verlag: Penguin Books; Auflage: Reprint (29. Juli 2008); Sprache: Englisch; 

ISBN-13: 978-0143113706

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert